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Ya Basta

by r0112516 — last modified Apr 05, 2010 04:35 PM
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- Zapatismus, Ya Basta und die Tute Bianches -

Ya Basta ist nicht gleich Tute Bianches. Tute Bianches ist hauptsächlich eine Aktionsform und ein Selbstverständnis. In ihr erkennen sich verschiedene Menschen, Gruppierungen und politische Strömungen; und prägen somit die Gestaltung der Form.

Ya Basta ist ein Netzwerk von Gruppen, die sich mit dem Aufstand der Zapatistas in mehreren Städten Italiens gebildet haben und eine der politischen Strömungen die zur Kristallisierung der Tute Bianches beigetragen haben: "Die Zapatistas haben einen wichtigen Beitrag geleistet, mit ihren Ideen Politik zu machen, ohne um die Macht zu kämpfen. Wir versuchen diese Botschaft zu übersetzen und unsere eigene Ausdrucksform zu finden."

Inspiriert wurden die AktivistInnen, als sie selbst bis in den chiapanekischen Dschungel Südmexikos anläßlich eines interkontinentalen Encuentros gereist sind. "Am Anfang haben wir vorhergehende Formen der Direkten Aktion diskutiert, der Sabotage, der revolutionären Gewalt usw. Wir haben daraus geschlossen, dass unter den aktuellen Bedingungen der Zivilgesellschaft, der Gebrauch unserer Körper als Waffe die Kräfte derjenigen Menschen freisetzen könnte, die zu den alten Formen und Schemen nicht geantwortet haben. Es ist eine kreative Form die andere Seite in ein Problem mit einzubeziehen. Mit gewaltfreien Mittel der Direkten Aktion, bleibt die Sprache der Gewalt auf die Seite der Polizei und des Staates. Klassische Demonstrationen beeindrucken sie nicht mehr, jetzt sind wir als BürgerInnen ungehorsam, sie schlagen zurück, aber wir verteidigen uns. Das zieht die Aufmerksamkeit der Menschen und gibt unserem Protest Echo".

Diese konfrontative Haltung macht Sinn: das tiefverwurzelte (Selbst)bild des Staates als Institution, die die Interessen aller vereint, ist im neoliberalen Zeitalter stark am bröckeln, in Italien auf jeden Fall früher als in der BRD.

Ein offen in Erscheinung tretender Interessengegensatz zwischen legitimen Bedürfnissen von BürgerInnen und staatlichen Maßnahmen sind eine gute Voraussetzung für emanzipative Prozesse, weg von der Forderung an den Staat, sozial abfedernd zu agieren oder ökonomisch steuernd zu intervenieren mit dem Anspruch, einen Wohlstand für alle zu sichern. "Unser Beitrag ist eine radikale Form der Konfrontation, die über die klassischen Formen der Demonstration hinaus geht und die Möglichkeit einer Massenbeteiligung mit sichereren Methoden ermöglicht. Junge Leute sehen, daß der Einsatz ihres vor der Polizei geschützten Körpers klare Wirkungen hat. Die Bewegung wächst. Wir sind nicht eine politische Gruppe, es handelt sich um eine horizontale Bewegung, in der jede Person auf ihre besondere Weise zur Debatte und Organisation beiträgt. Alles ist untereinander verstrickt, es gibt Leute allen Alters. Alte Modelle von Avantgarden und Anführer sind vorbei."

In einem Flugblatt schreiben sie: "Wir haben uns eine neue Herausforderung gesetzt: aus dem Boden zu sprießen, um uns auf diese Weise in den Aufbau der Gesellschaft einzubringen, um die Selbstverwaltung und Selbstorganisation zu fördern, die in den letzten Jahren aufgebaut wurde. Wir wollen uns vom Widerstand in eine Offensive bewegen, hin in die Arena der Träume, der Rechte, der Freiheit, für die Eroberung der Zukunft, die heute den neuen Generationen verweigert wird".

Wie die Zapatistas erkennt Ya Basta, dass die Befreiungsprozesse notwendigerweise kontinuierlich in Frage gestellt und neu definiert werden müssen . "Wir gehen mit Fragen auf unseren Lippen", sagen sie, " nicht mit Befreiungsstrategien, die als absolute Wahrheit festgelegt werden. Diese Tabus, die die Bewegungen der Vergangenheit charakterisiert haben, müssen hinter uns gelassen werden".

- Die Rolle der Kommunikation: Die Unsichtbaren sichtbar machen -

Die weißen Overalls werden als Symbol der Unsichtbarkeit getragen, als Idee der 'nicht-Identität' (siehe 'sans papiers'). Die Aktionsform hat eine stark symbolische Wirkung und kommunikative Stärke. Für sie entspricht der Aufbau einer Gesellschaft der Praxis einer sicheren Identität, aber mit offenen Beziehungen. Sie versuchen viele anzusprechen und in den Konflikt mit einzubeziehen, dazu wollen sie "Kommunikationsräume erobern". Organisation und 'Centri Soziale' Organisisiert sind die AktivistInnen zum größten Teil in ihren 'sozialen Zentren', besetzte und selbstverwaltete Häuser oder Gelände, die in vielen Städten zu finden sind.

Wie schon erwähnt, findet mensch hier Leute, die sich zu Ya Basta zählen oder nur zum sozialen Zentrum oder beides. Auf der Straße sind aber alle unter 'Tute Bianches' zu finden.

Der wohl größte und beeindruckendste Centro Soziale ist der Leoncavallo in Mailand, der eine lange Widerstandsgeschichte hat. Das Gelände ist enorm: mehrere Räume, Cafés, Bühnen, eine Kantine, ein Buchladen, Büro- und Plenumsräume, ein Konzertraum in dem Konzerte für 5000 Leute veranstaltet werden können und noch viel mehr. Alles selbstverwaltet.

Auffällig ist, das mensch nicht nur junge Leute sieht, sondern alle Generationen. Eine Kontinuität in der Widerstandsgeschichte ist spürbar. Eine ältere Frau, die hier als 'la madre' vorgestellt wird, erzählt Geschichten: unter anderem, wie sie in Argentinien war und die 'madres de la plaza de mayo 'getroffen hat. Sie sagt, daß über 1000 Gerichtsverfahren gegen ca. 200 Leute aus dem Centro Soziale am laufen sind, dass sich aber alle kollektiv den Ermittlungen entgegenstellen. "Wir machen weiter", sagt sie mit einem strahlenden Lächeln, während sie die Kippenfilter von einer Veranstaltung wegfegt. Sie scheint jede und jeden im Haus zu kennen.

Die Centri Soziale sind alle untereinander vernetzt und mobilisieren oft gemeinsam, wie z.B. nach Prag. In jedem Centro Soziale bestehen kleine Bezugsgruppen, die bestimmte Rollen in der Aktion der Tute Biaches üben und sich Gedanken zur Schutzkleidung machen. 

aus: http://www.sterneck.net/politik/tute-bianche-widerstand/index.php, 05.04.2010

Siehe auch: Eintrag "Tute Bianche" auf diesem Blog.

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