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Schlurfkatzen _ Lust am Widerstand

by r0402054 — last modified Jan 11, 2010 01:59 PM
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Schlurfkatzen, Zazous, Swings und Potapki Gedanklicher und sichtbarer Widerstand gegen das Naziregime

Die Schlurfs und Schlurfkatzen seien die UrahnInnen aller oppositionellen Subkulturen gewesen, behauptet der Regisseur Wolfgang Beyer, der mit Monica Ladurner und Katja Schröckenstein den ersten österreichischen Film über diese aufmüpfige Randgruppe von Jugendlichen und ihre Verfolgung durch das Nazi-Regime gedreht hat. Das Phänomen Schlurf war keine Wiener Ausnahmeerscheinung. In Berlin und Hamburg hießen sie „Swings“, in Paris „Zazous“ und in Prag „Potapki“. Sie hörten Jazz, tanzten zu Swing und hatten ein Faible für auffällige Kleidung und Accessoires. So trug Schlurf und jetzige Radiolegende Günther Schifter stets einen Regenschirm mit sich – natürlich nie aufgespannt, auch nicht bei Regen, wie er in der Dokumentation erzählt. Oder die „Zazous“, die nach verordneten Stoffsparmaßnahmen des Regimes erst recht übermäßig große und viele Taschen auf ihre karierten Sakkos nähten.

 

Diese lokalen Subkulturen waren nicht politisch gegen die Nazis aktiv, doch sie rebellierten im ästhetischen Sinne. Sie weigerten sich, ihre Affinität zur aufkommenden angelsächsischen Popkultur zugunsten der braunen Linie, also HJ-Uniform, kurz geschorene Haare und Marschmusik, aufzugeben. Erst ihre Fixierung auf ästhetische Individualität machte sie politisch und somit für die Nazis zum roten Tuch: Ihr Lebensstil wurde kriminalisiert und Swing zum „rhythmischen Rauschgift im Rassenkampf“ degradiert. Hörte man amerikanischen Jazz, drohte das Arbeitslager oder gar das KZ.

 

Wie viele Schlurfs es gegeben hat, lässt sich nicht mehr eruieren, da es nicht einmal einen Ansatz einer Organisation gegeben hätte, so Beyer, und er nennt als Beispiel den Herzogenburger Schlurf Emil Kickinger, der ihm ein Interview gab: „Kickinger wusste von den Wiener Schlurfs überhaupt nichts. Er hatte bloß die Vermutung, dass die Spottlieder über die Nazis aus Wien kamen.“ Einzig die Hamburger Swing-Szene sei stärker aufgearbeitet. Dort gebe es Menschen, die bewusster dazu stünden und beispielsweise in Schulen darüber sprächen. Die Hansestadt betreffend gingen die Schätzungen in die Tausende, so der Regisseur. Stichwort Hamburg und Film. 1993 kam die amerikanische Produktion „Swing Kids“ in die Kinos. Der Filmfachmann über diesen Streifen: „Dieser Film behandelt die Hamburger, also die vitalste und stärkste Swing-Szene. Die Recherchen basieren auf damals noch lebenden Hamburger Swings. Ich finde diesen Film nicht grundsätzlich schlecht, nur hat er den üblichen Hollywood-Touch, also verstärkte Konflikte und die spezielle Art, Lovestorys zu erzählen, was ein wenig traumfabrikmäßig ist. In der Hamburger Swing-Szene ist diese Produktion eher auf Ablehnung gestoßen.“

 

http://www.augustin.or.at/article334.htm

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